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Bodo Ramelow (Die Linke). Bild: Olaf Kosinsky [CC BY-SA 3.0 DE] [Bild zugeschnitten]
Erfurt. – Landtagsdebatten können hitzig sein – und vielleicht ist gerade Thüringen, wo die Linke und die AfD die beiden stärksten Fraktionen stellen, für hitzige Debatten prädestiniert. Als es im Plenum um den Umgang mit Verfassungsschutzakten ging, kam es dann zum Eklat, in dessen Folge Ministerpräsident Bodo Ramelow mit einer unflätigen Geste reagierte. Vonseiten der beleidigten Partei wird nun die Forderung nach dessen Rücktritt laut.
Konkret ereignete sich der Vorfall, als Stephan Möller (AfD) am Mikrofon war. Wohl auch vor dem Hintergrund, dass die Beobachtung seiner eigenen Landespartei auch aufgrund umstrittener Dokumente geschah, bezeichnete dieser den Verfassungsschutz als „skandalgeneigte Behörde“. Für diese Bewertung appellierte er an Ramelows Verständnis und sagte in dessen Richtung: „Wer da schon alles Tolles beobachtet wurde, nicht wahr, Herr Ramelow?“
Dabei spielte er darauf an, dass das Bundesverfassungsgericht vor einigen Jahren erkannte, dass der Verfassungsschutz eben Ramelow fast drei Jahrzehnte lang zu Unrecht beobachtet hatte. Aber plötzlich brannten bei diesem die Sicherungen durch – und er zeigte Möller den Stinkefinger und beschimpfte diesen als „widerlichen Drecksack“. Ramelow selbst ruderte später zurück und gab sich teilweise reumütig.
Für AfD-Landeschef Björn Höcke ist das nicht genug. Er forderte den umgehenden Rücktritt Ramelows, bezeichnete dessen Reaktion als „größten Bock in seiner bisherigen politischen Laufbahn“. Der „dünne Firnis an Anstand“ über diesem sei wie weggeblasen gewesen. In seinen Augen sei das „der Tiefpunkt in der parlamentarischen Kultur des Thüringer Landtags in den letzten 30 Jahren“.
Da Ramelow bereits Höcke einst als „Arschloch“ bezeichnet habe, sei er gar „Wiederholungstäter“. Der Linken-Chef erweise sich als „amtsunwürdig“, habe dem hohen Amt und der parlamentarischen Kultur „schweren Schaden zugefügt“. Wenn Ramelow „einen Rest politischen und menschlichen Anstand im Leibe hätte“, wäre dessen Rücktritt jetzt fällig.
Gestern noch beobachtet und heute nichts dazugelernt. pic.twitter.com/oi4BtMkxXe
— Björn Höcke (@BjoernHoecke) July 17, 2020
Die Geste sorgte aber auch bei anderen Parteien für Gesprächsstoff, CDU-Fraktionsgeschäftsführer Andreas Bühl kritisierte Ramelow dafür. Es handle sich um eine „Respektlosigkeit gegenüber dem Landtag“. Zudem warf er vor, dass Ramelow und die AfD das Parlament für „ihre unappetitlichen Sandkastenspiele“ missbrauchen würde.
Rückendeckung hingegen gab es von Linken-Fraktionschefin Susanne Hennig-Wellsow, die im Februar selbst ein umstrittenes Sittenbild offenbarte, als sie dem FDP-Kurzzeit-Ministerpräsidenten Thomas Kemmerich einen Blumenstrauß vor die Füße knallte. Sie schrieb auf Twitter: „Ein Stinkefinger ist die einzig anständige Reaktion auf einen Unanständigen.“
Auch im Netz wusste die Geste weiter zu polarisieren, einige linksgerichtete Nutzer feierten den Stinkefinger teils ausgiebig. Die Ex-Piratenpartei-Geschäftsführerin und heutige Grünen-Beraterin Marina Weisband schrieb etwa: „Einem Faschisten den Mittelfinger zu zeigen, gefährdet die Demokratie nicht. Ihm die Hand zu geben, schon“ – und erntete dafür hunderte Retweets .
Im patriotischen Lager hingegen ärgerte man sich hingegen über die respektlose Geste. Für den sachsen-anhaltinischen AfD-Politiker Hans-Thomas Tillschneider trotzdem kein Zufall: „Das kommt dabei heraus, wenn man Antifa-Prolls in einen Anzug steckt und zu Ministerpräsidenten macht.“ Ein anderer Nutzer hob das zweierlei Maß bei der Empörung von linker Seite hervor:
Die Leute, die gestern Fluchtiraden losgelassen haben weil ein Polizist „Hände hoch, du W*chser“ gerufen hat, applaudieren heute weil #Ramelow einem AfD-Abgeordneten den Mittelfinger gezeigt hat. 🤡
— Solitarius Lupus (@gaiusoctavi) July 17, 2020