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Straßburg. – Ab 2035 – also bereits in 13 Jahren – sollen nur mehr Privatfahrzeuge neu zugelassen werden, die keinerlei CO2-Ausstoß haben. Die Pläne sind Teil des EU-Klimapakets „Fit for 55“. Dieses zielt darauf, die Emissionen bis 2030 um 55 Prozent gegenüber dem Stand von 2030 zu senken. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte das Verbot bereits im Vorjahr angestoßen. Es folgt der Logik, dass angeblich nur eine radikale und sofortige Reduktion der Treibhausgase die Erderwärmung abfedern könne. Kritiker des Pakets befürchten, dass sich künftig nur mehr betuchte Bürger ein Fahrzeug leisten können – sind Elektroautos derzeit doch vergleichsweise teuer.
Es ist in der Tat eine radikale Zeitenwende – denn in Europa kommt die Elektromobilität im motorisierten Individualverkehr nicht wirklich vom Fleck. In Österreich fahren derzeit nur 86.000 von mehr als 5,1 Millionen PKWs mit Elektroantrieb (etwa 1,7 Prozent). Trotz Förderungen von bis zu 5.400 Euro kosten fabrikfrische E-Autos selbst in der günstigeren Preisklasse oft deutlich mehr als 10.000 Euro mehr als Vergleichsmodelle desselben Herstellers.
Trotz mangelnder Beliebtheit beim Konsumenten, oftmals weiterhin unterirdischer Reichweiten, eines schlechten Ausbaus des Ladestationen-Netzes sowie der nicht wirklich umweltfreundlichen Herstellung forcieren die Autokonzerne seit einigen Jahren ihre elektrische Flotte massiv – im Gleichschritt mit politischen Forderungen zum absehbaren Ende des Verbrennungsmotors.
Noch schneller soll die Umstellung übrigens in Österreich kommen, Verkehrsministerin Gewessler will schon ab 2030 nur mehr Autos mit elektrischen Antrieben bei Neuzulassungen erlauben. Einen glaubwürdigen und sozial verträglichen Fahrplan in diese Richtung blieb die grüne Ressortchefin bislang allerdings schuldig.
Scharfe Kritik an den EU-Plänen übte FPÖ-Verkehrssprecher Christian Hafenecker: „Mit dem geplanten Verbot von Verbrennungsmotoren zeigen die Brüsseler Eurokraten wieder einmal, dass sie von den wahren Bedürfnissen der Bürger keinen Tau haben und ihnen mit ihrem kurzsichtigen Drang in Richtung ideologietriefender Sackgassen auch noch größtmöglichen Schaden zufügen“. So stünden alleine in Österreich bis zu 300.000 Arbeitsplätze auf dem Spiel.
Auch die Mobilität weiter Teile der Bevölkerung werde eingeschränkt: „Ein Umstieg auf die immer noch viel zu teuren E-Fahrzeuge ist für viele Menschen schlichtweg nicht möglich. Gerade im ländlichen Raum ist aber der eigene PKW aufgrund mangelnder öffentlicher Verkehrsmittel für den täglichen Weg zur Arbeit, zur Erledigung des Einkaufs oder von Arztbesuchen unverzichtbar“, moniert Hafenecker. Der blaue Wirtschaftssprecher Reinhard Teufel sprach von einem „Anschlag auf Verbraucher“.
Noch einen Schritt weiter ging der Roman Haider, FPÖ-Abgeordneter im EU-Parlament. Auch er stellte auf die soziale Komponente ab. Man gewinne den Eindruck, dass die EU „Mobilität nur für die Reichen“ wolle. Das geplante Verbot treffe vor allem Geringverdiener – und das ausgerechnet in einer Zeit, in der die individuelle Mobilität für einkommensschwache Haushalte zunehmend unerschwinglich werde. Zudem stehe „in den Sternen, woher der viele Strom für die E-Autos kommen soll“.
Entsprechende Infrastruktur sei nicht ausreichend vorhanden. Wenn er aus Kohlekraftwerken komme, sei er sogar umweltschädlicher als der Betrieb herkömmlicher Kraftfahrzeuge. Zudem gebe es durchaus umweltfreundliche Kraftstoffe und fortschrittliche Biokraftstoffe. Das Verbot sei „ideologisch getrieben, unausgereift, undurchdacht, nicht umweltfreundlich und mit gravierenden Nachteilen für Bürger und Wirtschaft behaftet“. Die einseitige Fixierung auf E-Mobilität sei der „falsche Weg“.
Erstaunlicherweise kamen auch aus der ÖVP diesmal kritische Stimmen zum geplanten Verbot. Nach Ansicht der ÖVP-Verkehrssprecherin im EU-Parlament, Barbara Thaler brauche Europa den Verbrenner. Es habe „überhaupt keinen Sinn, ihn zu verbieten, wenn wir ihn über 2035 hinaus weiterhin sinnvoll und klimaneutral verwenden können.“ Sie würde es stattdessen begrüßen, wenn das EU-Parlament nachhaltig hergestellte Biotreibstoffe und synthetische Treibstoffe als klimaneutral klassifiziere.
Damit ist neuerlicher Dissens in der Bundesregierung vorprogrammiert. Denn Thomas Waitz, ein grüner EU-Abgeordneter sprach von einem „wichtigen Schritt, den Individualverkehr Richtung emissionsfreie und emissionsarme Fahrzeuge zu lenken.“ Er freute sich, dass „es eine progressive Mehrheit aus Grünen und Sozialdemokrat*innen geschafft hat, für ein gänzliches Aus zu stimmen.“ Dem Koalitionspartner im Bund warf er vor, sich „von der Autoindustrie um den Finger wickeln“ zu lassen.
Die Pläne mancher Ideologen gehen seit Jahren aber bedeutend weiter. Im Vorfeld eines Auftritts beim „European Forum Alpbach“ erklärte der deutsche Innovationsforscher Andreas Knie im Jahr 2013 seine Vision für 2030: „Es wird keinen öffentlichen und keinen privaten Verkehr mehr geben. Nur mehr den Verkehr, in den ich mich morgens einchecke und am Abend wieder auschecke. Der Besitz eines privaten Verkehrsmittels wird dann genauso absurd sein, wie heute der Umstand, dass man auf einem Flughafen mit einem privaten Jet landen kann oder einen Helikopter zu besitzen.“
Beim zweiwöchigen Gipfeltreffen, das ab Mitte August in Tirol stattfindet, ist die „klimaneutrale Mobilität“ erneut ein Kernthema. Das elitäre Treffen gilt als Vorläuferin des bekannteren Treffen des Weltwirtschaftsforums (WEF) in Davos. Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) eröffnet das Forum in diesem Jahr. Im Vorjahr waren mehrere Regierungsmitglieder beider Koalitionsparteien mit Vorträgen zu einer „großen Transformation“ vertreten. Das EFA behandelt ähnliche Themengebiete wie der WEF-Gipfel und steht nicht zuletzt aufgrund seiner Zusammenarbeit mit dem Soros-Netzwerk in der Kritik.