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Budapest. – Sechs linke, liberale und rechte Parteien verbündeten sich unter dem Motto „alle gegen Orbán“. Pate dafür stand ihnen womöglich der Erfolg einer solchen Querfront-Koalition in Israel, die es im vergangenen Jahr schafften, Ex-Premier Netanjahu aus dem Amt zu befördern. Der Poker ging nicht auf: Der Zusammenschluss kam nur auf 35 Prozent der Stimmen und 56 Mandate. Die FIDESZ von Viktor Orbán hingegen kommt voraussichtlich auf 53,1 Prozent (135 Mandate). Weiters vertreten ist mit „Mi Hazánk“ (7 Sitze) eine rechte Partei, die nicht Teil des Anti-Orbán-Bündnisses war. Die Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen (LdU) verteidigte ihren einzelnen Sitz im Parlament, die Minderheitenlisten genießen eine geringere Hürde für den Einzug als herkömmliche Parteien.
Dieses Resultat bedeutet für den Amtsinhaber somit sogar einen noch größeren Erfolg als zuletzt. Der bisherige Rekord am Stimmenanteil von 2010 (damals 52,7 Prozent) wurde sogar noch übertroffen. Die letzten beiden Male errang die FIDESZ zwar weniger als 50 Prozent der Stimmen, konnte diese aber aufgrund der Besonderheiten des ungarischen Wahlsystems in eine knapp Zweidrittelmehrheit von jeweils 133 der 199 Sitze ummünzen.
Im Vorfeld hatten Beobachter der Anti-Orbán-Koalition zugetraut, zumindest die Zweidrittel-Mehrheit zu brechen. Unterschiedliche Umfragen sahen einen Abstand zwischen einem und zehn Prozentpunkten. Einzelne Institute hofften sogar auf eine knappe Mehrheit für das Oppositionsbündnis nach Stimmen. Selbst diese hatten aufgrund der Stärke Orbáns in den Wahlkreisen aber eine knappe Mandatsmehrheit für den Premier prophezeit. In Ungarn werden 106 Abgeordnete direkt gewählt, die übrigen 93 proportional unter jenen Listen verteilt, welche die 5-Prozent-Hürde überspringen.
Dass Orbán weiterhin so viel Rückenwind im Volk genießt, dürfte damit zu tun haben, dass viele Bürger das Gefühl haben, dass er sein Land gut durch Krisen leitet. Außerdem dürfte kurz vor der Wahl noch seine Positionierung in der Ukraine-Krise von vielen Ungarn positiv aufgefasst werden. Auf der einen Seite gibt es ein groß angelegtes humanitäres Programm für Vertriebene aus dem Nachbarland. Auf der anderen Seite weigerte Orbán sich, westliche Waffenlieferungen über sein Land zu genehmigen.
Bei einer Rede zum Nationalfeiertag am 15. März sagte Orbán etwa: „Kein Ungar sollte zwischen einen ukrainischen Amboss und einen russischen Hammer geraten. Es ist nicht in unserem Interesse, als Fußsoldaten zum Opfer im Krieg anderer Länder zu werden.“ Entsprechend kommentierte Orbán auch diesmal seinen Sieg damit, dass man „die Unabhängigkeit und Freiheit Ungarns und seinen Frieden und seine Sicherheit beschützt“ habe.
Orbán genießt seit vielen Jahren große Anerkennung vieler Rechter und traditioneller Konservativer in ganz Europa. Dies gründet unter anderem darauf, dass in seiner Regierungszeit die kulturelle Identität der Ungarn gestärkt und ein strenger Migrationskurs gefahren wurde. Auch einige rechte Kritiker innerhalb Ungarns weisen allerdings regelmäßig auf Unzulänglichkeiten des „Systems Orbán“ hin. Viele werfen dem Langzeit-Premier vor, nicht ausreichend gegen Korruption vorzugehen.
Diese Unzufriedenheit mit dem Status quo dürfte auch dazu geführt haben, dass sich die rechte Jobbik – bislang zweitstärkste Einzelkraft im Parlament – mit Parteien auf der anderen Seite des Spektrums verbündete, um Orbán zu stürzen. Nicht nur misslang dies, deren einstige Abspaltung, die Partei Mi Hazánk, zog mit sieben Sitzen ebenfalls in das Einkammer-Parlament in Budapest ein.